Lahme Liebeleien in sprachlich gutem Stil
Literaturverlag Droschl, Graz, Wien 2015, 232 Seiten
DIE IDEE:
„Wenn man plötzlich nach seiner ersten Liebe googelt“ und erfährt, dass die erste große Liebe Selbstmord beging, nimmt Frau das zum Anlass, über die vergangenen Beziehungen zu Männern zu rekapitulieren. Insgesamt zählt die Ich-Erzählerin zwölf unterschiedliche Beziehungen zu Männern. Sie gibt ihnen überwiegend die Namen der biblischen zwölf Apostel: Petrus, Andreas, Jakob, Philip, Nathanel, Tadeusz, Mathieu, Thomas, Simon, ihr Bruder, ihre beiden Söhne, der kleine Großer und der kleiner Kleine. Diese Affären und Freundschaften werden aus der Sicht der Ich-Erzählerin in zahlreichen Rückblicken dargestellt.
„BUNTE“-STORIES
Die Aneinanderreihung dieser Liebesgeschichten wirkt mühsam und zum Teil konstruiert. Trotz Tratsch wie in der Bunten berühren sie emotional nur selten. Die Verschachtelungen und immer wieder rückblickende Geschichten aus der Vergangenheit erleichtern das Verständnis der Leser nicht.
Die Ich-Erzählerin scheint um sich herum immer wieder Halt und das Glück zu suchen, zu dem die Männer ihr verhelfen sollen. Sie wirkt sprunghaft, letztlich erfährt der Leser über ihren Charakter aber nur wenig. Die männlichen Figuren sind dafür umso exakter beschrieben und gut voneinander abgrenzbar. Ein roter Faden ist nicht zu erkennen. Lediglich der Tod und der Verfall tauchen immer wieder in verschiedenen Aspekten auf.
BEWERTUNG:
Über diese Schwächen des Buches konnte auch die angenehme bis sehr gute Schreibe der Gewinnerin des Schweizerischen Buchpreises nicht hinwegtäuschen. Die Hamburger Shortlist konnte die zahlreichen Nominierungen des Buches auf anerkannten Shortlists nicht gänzlich nachvollziehen. Die Geschichten wurden als lapidar und langweilig empfunden. Viele von uns mussten mehrere Anläufe nehmen, um das Buch durchzulesen, da ein guter Spannungsbogen fehlt.
Die großen Gefühle vermisst nicht nur die Ich-Erzählerin in ihren zwölf Liebesgeschichten, sondern auch die LeserInnen. „Die Liebe sucht man sich nicht aus, sie sucht dich aus“ lautet die Weisheit der Großmutter der Ich-Erzählerin, die immer wieder biografische Züge ihrer Schöpferin widerspiegelt. Das Trostpflaster der LeserInnen: Die Lektüre können wir uns aussuchen.
Insgesamt erhielt das Buch knapp 2 Punkte in der Gesamtbewertung. Am besten wurden Stil und Sprache eingeschätzt mit bis zu 4 Punkten in der Einzelnote. (sp)