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Judith Herrmann - Wir hätten uns alles gesagt

Abb. © Verlag
Buchkritik

Patrick Modiano: "Gräser der Nacht“

blass, handlungsarm, langweilig
Carl Hanser Verlag, 2014, 175 Seiten


Patrick Modiano erhielt 2014 den Literaturnobelpreis nachdem er bereits div. andere renommierte Preise (Großer Romanpreis der Académie Française, Prix Goncourt) gewonnen hat. Die Übersetzung von „Gräser der Nacht“ ist zudem für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert.


Inhalt:
Der Ich-Erzähler erinnert sich mithilfe seines alten Notizbuchs und einer Polizeiakte an die sechziger Jahre, als er sich in den Kreise von mysteriösen Menschen bewegte, die alle eine Verbindung zu Marokko hatten. Er verliebt sich in die undurchsichtige Dannie, die ihren wahren Namen, Wohnsitz, ihre Herkunft und Ziele verschweigt und nur andeutet, dass sie in eine „üble Geschichte“ verwickelt ist. Dabei scheint es sich um die Ermordung des marokkanischen Exilpolitikers Ben Barka zu handeln. Nach drei Monaten verschwindet Dannie spurlos und hinterlässt nur einen Abschiedsbrief. Der Erzähler wird von dem Polizisten verhört, der ihm Jahre später die Polizeiakte zukommen lässt, danach hört er nie wieder etwas von Dannie und ihren Bekannten.


Stil:
Modianos Stil ist geprägt von der Erinnerung, die nebulös bleibt. „Gegenwart oder Vergangenheit hat es für mich nie gegeben. Alles verschmilzt.“ sagt der Ich-Erzähler an einer Stelle und vielfach fragt sich der Leser aufgrund der nur angedeuteten Ereignisse, ob er sich überhaupt tatsächlich an das erinnern will, was war.


Diese Unschärfe der Handlung und die vage Sprache konnten uns – mit zwei Ausnahmen – nicht überzeugen. Was in der Kritik als „zutiefst romantisch, zutiefst melancholisch“ (Spiegel Online) gelobt wurde, erschien uns handlungsarm und langweilig. Insbesondere der gerühmte – in unseren Augen andeutungsschwangere - „Modiano-Sound“ wurde von uns als enervierend empfunden, die Figuren und ihre Handlungen als blass und unglaubwürdig.


Es gibt Kritiker, die behaupten, Modiano schreibe „immer dasselbe Buch“. Für die meisten Mitglieder der Shortlist wird es so oder so bei diesem einen bleiben. Mit 1,5 von 5 Punkten erhält „Gräser der Nacht“ eine der schlechtesten Bewertungen unserer Shortlist. (ka)

 

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