Buchkritik, Rezension
Gabriel García Márquez: Wir sehen uns im August
Eine Frau, verheiratet, besucht jährlich das Grab ihrer Mutter und beginnt anlässlich dieser Reisen Affären mit immer anderen Männern. „Das Buch taugt nichts“ soll der Autor gesagt haben. Wir stimmen mehrheitlich zu und vergeben nur 2.5 von 5 möglichen Punkten.
Abb. © Verlag
Bewertung der hamburgerShortlist:
2.5 von 5 Punkten
Buchkritik von ut
Altmodisch, unglaubwürdig, überholtes Frauenbild
Inhalt:
Eine 46jährige Kolumbianerin fährt jedes Jahr im August mit der Fähre auf eine Insel in der Karibik. Dort legt sie Gladiolen auf dem Grab ihrer Mutter nieder, übernachtet in einem kleinen schäbigen Hotel und fährt am nächsten Tag zurück.
Der Roman setzt ein bei einem der Besuche, der anders endet als die bisherigen: Die Frau lernt am Abend einen Mann kennen und nimmt ihn mit auf das Zimmer. Untypisch für sie, erfahren wir. Sie ist seit langen Jahren verheiratet und ihrem Mann bislang treu.
Daher will sie am nächsten Morgen auch keinerlei Kontaktdaten des Mannes – aber sie will im Jahr darauf wieder eine Nacht mit einem Fremden verbringen, und setzt diese Affären dann bei ihren Besuchen fort. Diese Suche nach den Männern in einzelnen Episoden nimmt den Hauptteil des schmalen Buches ein.
Unabhängig davon führt sie ihr normales Familienleben zuhause mit Mann und Tochter fort. Zumindest ist das der Plan, denn ihr Mann nimmt sie verändert wahr – und auch sie beginnt zu hinterfragen, ob und welche Art von Affären ihr Mann hat.
Autor und Kontext:
Gabriel García Márquez, genannt „Gabo“, war einer der wichtigsten Schriftsteller Südamerikas. Der Kolumbianer wurde 1982 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet und holte den Kontinent damit auch in die Bücherregale westlicher Leser*innen. In den letzten Jahren seines Lebens litt Marquez unter Demenz. Er hatte schon frühzeitig verfügt, dass der vorliegende Roman nicht veröffentlicht wird. Seine beiden Söhne haben, wie sie selbst im Vorwort schreiben, einen "Akt des Verrats" begangen. Sie begründen die Veröffentlichung des aktuellen Buches auch damit, dass ihr Vater wegen seiner Krankheit gar nicht mehr in der Lage gewesen sei, zu beurteilen, "wie gut es ungeachtet seiner kleinen Mängel" sei.
So klingt der Roman:
Unsere Runde konnte diese Begeisterung der Söhne Marquez' nicht teilen. Eingebettet in die sommerliche Insel- und Hotelatmosphäre hangeln sich der Roman und seine Hauptfigur in einzelnen Episoden von Liebhaber zu Liebhaber. Auf uns wirkte dieses Setting ziemlich altmodisch, wenig glaubwürdig und auch wenig interessant. „Seicht, konventionell und läppisch“ formuliert drastisch Die Zeit.
Der Versuch, das Buch aus der Perspektive einer Frau zu schreiben, schien uns zudem missglückt. Wir lasen stattdessen ein Buch, das in vielem die Sicht oder auch Wünsche eines älteren Mannes widerspiegelte.
Geradezu ärgerlich fanden wir die Charakterisierung der 46jährigen Heldin als einer „herbstlichen Frau“. Insgesamt schien uns das Frauenbild in diesem Buch sehr überholt.
Auch der inhaltlich und sprachlich furiose Schluss konnte dieses schlichte Werk in unseren Augen nicht retten.
Bewertung:
Thema und Figuren des Romans fielen in unserer Gruppe durch und erhielten nur unterdurchschnittliche Bewertungen. Noch am besten gefielen uns der Stil und - mit Abstrichen - die Handlung. Gern gelesen haben den Roman nur ein Drittel unserer Gruppe, ein weiteres Drittel mochte das Buch überhaupt nicht. „Das Buch taugt nichts“ soll Marquez gesagt haben. Wir stimmen mehrheitlich zu und vergeben nur 2,5 von 5 möglichen Punkten.