Buchkritik, Rezension
Thea Mengeler - Nach den Fähren
Die einst trubelige Ferieninsel ist verwaist, seit die Fähren mit den Touristen nicht mehr kommen. Was tun die Bewohner jetzt? Wir mochten den Schreibstil der jungen Autorin, und auch die Themen des Romans überzeugten uns ausnahmslos. Wer fesselnde Spannungsbögen sucht, wird jedoch hier nicht fündig.
Abb. © Verlag
Bewertung der hamburgerShortlist:
4.1 von 5 Punkten
Buchkritik von ID
Feiner poetischer Roman zum Über-Tourismus, Lebenssinn und Lebensraum
Die Autorin:
Thea Mengeler präsentiert mit „Nach den Fähren“ ihren zweiten Roman. Ihr Debutroman „Connect“ erschien 2022. Sie lebt derzeit in Hannover.
Geboren ist Thea Mengeler 1988 in Krefeld, wo sie auch aufwächst. Sie studiert literarisches Schreiben in Hildesheim, Kiel und Istanbul. Besonders die Zeit in Istanbul, beziehungsweise die nahe gelegenen Prinzeninseln inspirieren sie für das Setting des Romans, der sich unter anderem kritisch mit Über-Tourismus darüber hinaus aber noch intensiv mit verschiedenen Lebensentwürfen auseinandersetzt.
Ihr zweites Werk wird NDR-Buch des Monats März 2024 und erfährt die Kritik trotz oder wegen seiner Stille, „gewaltig“ zu sein.
Handlung:
Im Roman „Nach den Fähren“ erfahren wir aus verschiedenen Perspektiven, wie sich das Leben auf der Ferieninsel abspielt, auf die schon lange keine Gäste mehr kommen, da einst die Fähren nicht mehr kamen und die meisten Menschen die Insel verließen. Wenige sind geblieben und erzählt werden ihre Geschichten - die der Übriggebliebenen.
Wir begleiten über etwa ein Jahr die Ereignisse auf der Insel. Die Personen gehen weiter ihren Aufgaben nach, leben eher isoliert voneinander. Als aus dem Nichts dem Hausmeister eines der großen, nun verwaisten, Hotels das Mädchen Ada begegnet, scheint es eine kleine Verschiebung zu geben, die das Leben und die Lebensentscheidungen der Bewohner nachhaltig verändert. Die Inselbewohner rücken näher zusammen und in den kurzen Kapiteln lässt uns die Autorin hinter die Fassaden der kulissenhaften Orte, aber auch noch tiefer blicken, wo uns die Übriggebliebenen ihre Vergangenheit und Träume sowie ihren Lebenssinn offenbaren.
Bewertung:
Bei diesem Roman rücken auch wir mit den Wertungen nahe zusammen. Uneingeschränkt wird der Schreibstil der jungen Autorin gelobt, auch das Thema beziehungsweise die Themen des Romans überzeugen ausnahmslos. Wir finden einen regen Austausch über die Figuren, ihre Perspektiven und Handlungsweisen, doch am meisten einigt uns, dass dieses Buch tief berührt.
Die Romanhandlung wird als gut bewertet. Wer fesselnde Spannungsbögen sucht, wird wohl nicht fündig werden. Gleichzeitig ist dieses Werk mit seinem kleinen Umfang außergewöhnlich und schafft es, sich mit einer feinen, poetischen Sprache an die großen philosophischen Fragen über Lebensraum und Lebenssinn zu wagen.
Mit 4,1 von möglichen 5 Punkten erhält der Roman von uns eine sehr positive Gesamtwertung. Auch wenn wir uns nicht mehr „Nach den Fähren“ umsehen, so sollten wir Thea Mengeler weiter im Blick behalten.