In 15 Jahren hat der Lesekreis der hamburger shortlist 288 aktuelle Romane gemeinsam gelesen und besprochen. Hier sind die Kritiken und Noten der besten 100 Romane, die wir weiter empfehlen können. FAQ, Termine
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Literatur-Nobelpreis 2024 für Han Kang. Unsere Bewertung ihres Romans "Die Vegetarierin".
1
Fernando Aramburu 2018
Rowohlt, 907 Seiten
Shortlist-Note 4.4/5
Spannend, aufwühlend, brillant erzählt. 2011 gibt die ETA des Endes des bewaffneten Kampfes bekannt. Doch für die Bewohner eines Dorfes im spanischen Baskenland ist kein Friede in Sicht. Sie müssen sich entscheiden: für oder gegen Befreiung und Terrorismus.
Dramaturgie und Spannung, auch die facettenreiche und glaubwürdige Charakterisierung der Figuren wurde von fast allen gelobt. Uns gefielen auch Stil und die schmucklose lakonische Sprache. Interessant ist der stetige Wechsel der Erzählperspektiven. Tolles Thema, ein überaus lesenswertes Buch!
2
Fatma Aydemir 2022
Hanser, 368 Seiten
Shortlist-Note 4.3/5
Packender authentischer Familienroman. Aktuelle Themen einer türkisch-stämmigen Einwandererfamilie, in vielseitigen, authentischen Erzählperspektiven fesselnd erzählt.
Wir können den Roman uneingeschränkt weiterempfehlen. Stil und Sprache des Romans haben uns besonders gefallen, ebenso wie die mitreißende Dramaturgie.
3
Ursula Krechel 2012
Jung und Jung, 492 Seiten
Shortlist-Note 4.3/5
Aufrührend, sperrig, authentisch. Wie die Justiz - und die Gesellschaft - mit den zur NS-Zeit ausgeschlossenen, verfolgten und jetzt zurückgekehrten Mitgliedern umgeht, und wie diese sich selbst dabei fühlen.
Leichtgängig ist dieses Buch nicht. Die vielen Klammertexte, Rückblenden, Wechsel der Erzählzeiten und wörtlichen Zitate aus Briefen gehören aber zum Thema. Dabei gelingt der Autorin auch ein perfektes, dramatisches und erschütterndes Finale. Wir können den Roman empfehlen.
4
Hernan Diaz 2022
Hanser, 416 Seiten
Shortlist-Note 4.2/5
Steigert sich zu einem vielschichtigen Werk mit großen Themen. Klug konstruierter Roman um einen Börsenmagnaten der Wall Street mit vielen Ebenen, Tonarten und großen Themen.
Insgesamt erstaunt uns die Fähigkeit des Autoren, sich in beide Geschlechter, verschiedene Epochen und Lebensbereiche einzufühlen. Allerdings fiel es den meisten schwer, in den Roman hineinzufinden. Dranbleiben lohnt sich!
5
Alex Schulman 2021
dtv, 302 Seiten
Shortlist-Note 4.2/5
Dramatisch, berührend, großartig. Eine Familie in Schweden. Die Kinder wetteifern um die Liebe der Eltern und entfernen sich dabei voneinander.
Wir fanden diesen Familienroman absolut lesenswert und vergaben Bestnoten für den grandiosen Aufbau und die Dramaturgie. Auch Handlung, Sprache und Stil gefielen uns.
6
Jhumpa Lahiri 2014
Rowohlt, 528 Seiten
Shortlist-Note 4.2/5
Interessanter, gut zu lesender Familienroman. 2 Brüder, die in Kalkutta aufwachsen. Der ältere geht in die USA und setzt seine Karriere fort. Der jüngere engagiert sich im politischen Widerstand. Das hat Folgen für die Familie.
Wir haben das Buch begeistert aufgenommen. Die präzise Darstellung der inneren Entwicklung der Figuren, Handlung, Sprache gefielen uns. Ein sehr empfehlenswertes Buch!
7
Thea Mengeler 2024
Wallstein, 175 Seiten
Shortlist-Note 4.1 /5
Feiner poetischer Roman zum Über-Tourismus, Lebenssinn und Lebensraum. Die einst trubelige Ferieninsel ist verwaist, seit die Fähren mit den Touristen nicht mehr kommen. Was tun die Bewohner jetzt?
Wir mochten den Schreibstil der jungen Autorin, und auch die Themen des Romans überzeugten uns ausnahmslos. Wer fesselnde Spannungsbögen sucht, wird jedoch hier nicht fündig.
8
Ia Genberg 2023
Rowohlt, 144 Seiten
Shortlist-Note 4.0/5
Die wichtigen Begegnungen im Leben einer Frau, sehr kompakt und präzise geschildert. In vier Portraits erleben wir die Vergangenheit und prägende Personen und Beziehungen der Erzählerin.
Die präzise, sorgsam gewählte lebhafte Sprache machen die Figuren greifbar, der assoziative Aufbau gefiel den meisten von uns ebenfalls.
9
Tijan Sila 2023
Hanser, 176 Seiten
Shortlist-Note 4.0/5
Ein eindringlicher Blick auf den Alltag einer modernen Gesellschaft im Krieg . Wie der Bosnienkrieg das Leben der Bürger Sarajevos verändert. Der Roman zeichnet sich durch seinen mitfühlenden und authentischen Stil aus. Trotz der Ernsthaftigkeit des Themas schafft es Sila, Humor in die Erzählung einzuflechten und dem Leser mitzunehmen in den Alltag im Krieg.
Wir fanden vor allem die stark gezeichneten Charaktere gut. Sprache und Dramaturgie begeisterten weniger. Trotzdem bleibt das Buch eine fesselnde und wichtige Erzählung über die menschlichen Erfahrungen im Krieg.
10
Jakob Guanzon 2023
Elster, 380 Seiten
Shortlist-Note 4.0/5
Ein starker Roman, der zeigt, wie Fehler im System die Armut nicht verhindern.. Henry lebt mit seinem kleinen Sohn auf der Ladefläche seines Pickups. Trotz seiner finanziellen Nöte will er sein letztes Geld für ein schönes Geburtstagsgeschenk verwenden. Eine Welt voller kleiner Fehlentscheidungen machen es ihm aber unmöglich, der Armut zu entkommen.
Das Thema des Romans hat uns durchweg gefesselt. Die Charaktere erzeugten bei allen von uns eine starke emotionale Bindung. Wir lebten, litten und empfanden tiefes Mitgefühl für die Figuren und können den Roman weiter empfehlen.
11
Adam Haslett 2018
Rowohlt, 464 Seiten
Shortlist-Note 4.0/5
Bewegender, wunderbar komponierter und erzählter Familienroman. Ein Familienroman, der gekonnt psychische Erkrankungen und den Umgang thematisiert.
In unserer Runde gab es kaum Kritik und viel Begeisterung. Trotz des ernsten Themas wirkt der Roman nicht deprimierend.
12
Robert Menasse
Suhrkamp, 459 Seiten
Shortlist-Note 4.0/5
Politisch, intelligent, spannend. Es geht um Politik, um die EU-Kommission, um deren Mitarbeiter und vor allem um die europäische Idee. Die ist mehr als eine bessere Wirtschaftsgemeinschaft.
Der Roman erhielt den Buchpreis 2017. Auch gab es kaum Kritik und viel Begeisterung. Wir haben einiges über die EU gelernt. Vor allem der Stil und die Sprache des Buches wurden als sehr gelungen bewertet.
13
Elif Shafak 2017
Kein & Aber, 560 Seiten
Shortlist-Note 4.0/5
Hochaktuelle poetische fesselnde Geschichte über Glauben, Identität und die Türkei. Das Leben muslimischer Frauen zwischen Tradition und Moderne, zwischen religiös geprägten Moralvorstellungen und dem Wunsch nach Selbstbestimmung.
Die Entwicklungsgeschichte ist spannend erzählt, feinsinnig und berührend. Dazu liefert die Autorin Einblicke in die Türkei und deren Gesellschaft. Trotz einiger Längen haben wir alle den Roman gerne gelesen.
14
Joost Zwagerman 2016
Weile, 148 Seiten
Shortlist-Note 4.0/5
Rasante, amüsante Novelle über die Welt der Kunst. Der hippe Direktor des wichtigsten Museums für moderne Kunst in den Niederlanden vermisst ein Bild. Das taucht in einer Kunstaktion wieder auf.
Uns gefiel die unterhaltsame, genussvolle und auch spannend erzählte Geschichte sehr. Sie führte uns noch zu einer hitzigen Diskussion zum Thema „Was ist Kunst?“. Empfehlenswert.
15
Maylis de Kerangal
Suhrkamp, 255 Seiten
Shortlist-Note 4.0/5
Dramatisch, poetisch, sprachgewaltig. Zehn Menschen, für die der Unfalltod eines Jugendlichen und die Organspende eine Katastrophe, das Ende einer Liebe, einen interessanten medizinischen Fall, eine Chance, ein großes Glück bedeutet.
Das Zusammenspiel von aufrührenden Szenen und deskriptivem Reportagestil bei laufender Uhr macht den Roman sehr spannend. Dazu kommt eine sehr kraftvolle Sprache. Wir waren mit wenigen Ausnahmen völlig begeistert.
16
Daniela Krien 2024
Diogenes, 304 Seiten
Shortlist-Note 3.9/5
Die Vergänglichkeit des Menschen und die Möglichkeit, trotz aller Widerstände Glück zu finden. Eine Mutter verliert ihre Tochter mit 17 Jahren. Ihre Trauer ist so umfassend, dass sie ihr bisheriges Leben nicht fortsetzen kann. Mit Mühe kämpft sie sich Stück um Stück wieder in einen normalen Alltag und in ihre Ehe zurück.
Die Mitglieder der hamburger shortlist hat dieses Buch tief beeindruckt. Lindas Geschichte zeigt die Fragilität des Lebens und stellt die eigenen Gewissheiten in Frage.
17
Édouard Louis 2022
Aufbau, 272 Seiten
Shortlist-Note 3.9/5
Erzählt mit gewaltsamer Offenheit. Der Autor arbeitet sich aus prekärsten Verhältnissen als schwuler Junge aus der verwahrlosten französischen Provinz heraus nach Paris.
Der Roman hat die meisten von uns tief beeindruckt. Die Gnadenlosigkeit, mit der der Autor sich selbst bespiegelt, rührt an. Tempo und Stil der Erzählung gefallen.
18
Eugen Ruge 2019
Rowohlt, 429 Seiten
Shortlist-Note 3.9/5
Eindrücklich, autobiografisch, authentisch. Drei Menschen auf den schmalen Grat zwischen Überzeugung und Wissen, Loyalität und Gehorsam, Verdächtigung und Verrat. Der politische Terror der 1930er Jahre und: was Menschen zu glauben imstande sind.
Ein Roman, der vor allem neue Sichtweisen auf eine unbekannte Zeit eröffnet und niemanden kalt liess. Schwieriger Einstieg, doch dann haben uns Thema, Sprache und Bilder begeistert. Ein Pageturner.
19
Franzobel 2017
Paul Zsolnay, 592 Seiten
Shortlist-Note 3.9/5
Mitreißender, unkonventionell erzählter Historienroman. Schiffbrüchige auf einem Floß im Überlebenskampf bis hin zum Kannibalismus, bekannt durch ein Gemälde. Der Autor erspart nichts, das Unvorstellbare findet hier seine Sprache.
Der Roman erzählt die Gefährdungen und Grenzen menschlicher Kultur in bedrohter Lage in einem frechen und unkonventionellen Ton, der eine zuweilen heitere Distanz schafft. Nicht alle von uns wollten das Thema anfassen, die es gelesen haben, waren mehrheitlich begeistert.
20
Doron Rabinovici 2010
Suhrkamp, 286 Seiten
Shortlist-Note 3.9/5
Einfallsreiche Geschichte über das Gefühl, Israeli zu sein. Zwei Männer streiten um eine Professur, eine Frau und die Wahrheit in Israel.
Wir haben die einfallsreiche Geschichte gerne gelesen, auch wenn die Sprache nicht ganz mithalten kann.
21
Ned Beauman 2023
Liebeskind, 384 Seiten
Shortlist-Note 3.8/5
Kreativer, mitreißender Thriller zu den vielen Krisen unserer Zeit, vom Artensterben bis zur KI.. Der spannend geschriebene Roman gibt einen Ausblick in eine Welt, wie wir sie in wenigen Jahren schon erleben werden.
Für die meisten von uns war der Roman ein Schritt aus der Lesekomfortzone. Die Themen machen nachdenklich, Tempo und Spannung und den humorvollen Stil fanden wir auf jeden Fall positiv.
22
Claudia Schumacher 2022
dtv, 376 Seiten
Shortlist-Note 3.8/5
Sprachgewaltiges Debüt über familiäre Verletzungen und eine mögliche Heilung. Der Vater tyrannisiert die Familie. Die Mutter schweigt, streitet ab und kaschiert die Exzesse.
Über Gewalterfahrungen im heutigen deutschen bürgerlichen Milieu haben wir selten so gelesen. Die meisten von uns waren von dem Roman begeistert.
23
Daniel Schreiber 2022
Hanser, 160 Seiten
Shortlist-Note 3.8/5
Authentisch formulierter Essay über das Leben mit Freunden. Es geht um das Alleinleben zwischen Rückzug und Freiheit und dem Wunsch nach Nähe und Geborgenheit.
Der Essay überzeugte die meisten von uns. Der Autor erzählt authentisch über seine eigenen Erfahrungen.
24
Stephan Thome 2018
Suhrkamp, 719 Seiten
Shortlist-Note 3.8/5
Historisch, schwergewichtig, komplex. Im China der 1860er Jahre trifft der britische Sonderbotschafter auf eine fremde Welt und auf die Taiping-Revolutionäre.
Nur wenige von uns lasen den Roman zu Ende. Wer es schafft, wird über eine fremde Kultur und eine kaum bekannte Katastrophe gut informiert.
25
Dana von Suffrin 2024
Kiepenheuer & Witsch, 240 Seiten
Shortlist-Note 3.7/5
Ein starker Roman über das Leben und Überleben zweier Schwestern in einer dysfunktionalen Familie. Mit herrlich schwarzem Humor und zuweilen herzergreifend erkundet die Autorin die Geschichte eines jüdischen Vaters, der aus Israel nach Deutschland stolperte.
Uns hat der Roman überwiegend gut gefallen. Der Humor macht viel Freude, die eingestreuten historischen Ereignisse störten aber für einige den Lesefluss.
26
Jennifer Egan 2022
S. Fischer, 416 Seiten
Shortlist-Note 3.7/5
Freiheit und Sicherheit in Zeiten künstlicher Intelligenz. Eine Roman-Collage mit vielen Einzelplots zu einem sehr aktuellen Thema, ohne stringente Handlung.
Manche fanden den Roman wirr. Die teils experimentelle Erzählform, die virtuose Figurenzeichnung und die Sprache gefielen den meisten von uns.
27
Jonathan Franzen 2022
Rowohlt, 832 Seiten
Shortlist-Note 3.7/5
Melancholische Familiengeschichte um Werte und das Leben. Eine Familie kreist um sich selbst und alle wichtigen gesellschaftlichen Themen.
Trotz der Länge des Romans, Schwierigkeiten mit dem Sujet und dem Erzählbeginn waren wir größtenteils gefesselt.
28
Adeline Dieudonné 2020
dtv, 240 Seiten
Shortlist-Note 3.7/5
Von Jägern und Gejagten. Biederkeit und Tristesse in der belgischen Landschaft. Der kleine Gilles hat sein Lachen verloren, seine Schwester will es ihm zurück geben.
Bildhaft und reich an Metaphern entwickelt der Roman einen ganz eigenen Sound. Drastische Szenen familiärer Gewalt erhalten etwas Tarantino-haft Magisches. Spannend, einfühlsam und sprachlich gekonnt hat der Roman die meisten von uns begeistert.
29
Dror Mishani 2019
Diogenes, 336 Seiten
Shortlist-Note 3.7/5
Spannend, überraschend, (fast k)ein Krimi. Drei sehr unterschiedliche Frauen aus Tel Aviv, die allesamt (zeitversetzt) eine Beziehung zu ein- und demselben Mann haben.
Wir fanden die Mischung zwischen Roman und Krimi gelungen. Die Isolation und Einsamkeit der Frauen lobten die meisten als gut dargestellt und überraschend einfühlsam. Nur wenige von uns konnten sich mit der Geschichte nicht anfreunden.
30
Ned Beauman 2013
Dumont, 425 Seiten
Shortlist-Note 3.7/5
Schwarzhumorig, originell, Booker-Prize-Longlist. In Ausschnitten von 1931 bis 1962 erzählt der Roman das Leben eines Egozentrikers an der Grenze zum Unsympathen, der von einer grotesken Situation zur nächsten stolpert, und dabei alle wichtigen Themen des Lebens berührt.
Abstrus, pubertär, albern ... Kann uns so Buch gefallen? Es kann! Von den zehn Leser*innen unserer Gruppe konnte nur eine dem Roman nichts abgewinnen, acht waren sehr angetan.
31
Siri Hustvedt 2011
Rowohlt, 252 Seiten
Shortlist-Note 3.7/5
Ein intelligenter Roman über Frauen. Nach einer gescheiterten Ehe entdeckt eine Frau sich und das Leben neu.
Der Roman beschreibt die Entwicklung der Heldin so dezent, dass es an keiner Stelle aufgesetzt wirkt. Ein großer Verdienst dieses sehr gut lesbaren Romans!
32
Julian Barnes
Kiepenheuer & Witsch, 256 Seiten
Shortlist-Note 3.6/5
Komponist zerbricht an diktatorischem Regime. Dimitri Schostakowitsch komponierte mit 11 Jahren seine ersten Werke. 1936 erklärt ihn Stalin zum Staatsfeind. Die Angst vor dem Regime bestimmt fortan sein Leben.
Wer eine Beziehung zur Musik und ein Hintergrundwissen zu Schostakowitsch hat, wird sehr berührt und angetan sein. Thema, Stil, Sprache und der Aufbau der Handlung gefielen uns, das Buch haben die allermeisten gern gelesen.
33
Nathan Hill 2016
Piper, 864 Seiten
Shortlist-Note 3.6/5
Mitreißender US-Roman, der Psychologie und Zeitgeschehen geschickt zu verbinden weiß. Die USA zwischen 1968 und 2011 mit einer Mutter-Sohn-Geschichte und einem möglichen Anschlag auf einen republikanischen Präsidentschaftskandidaten.
Der Roman wurde von den meisten von uns sehr gern gelesen. Es gibt auch Kritik, aber die Fülle von Stilebenen, die jeder Figur eine eigene Sprache verleiht, gefiel uns gut.
34
Leon de Winter 2013
Diogenes, 512 Seiten
Shortlist-Note 3.6/5
Gesellschaftskritisch, phantasievoll, mit Thrillerqualitäten. Reale und surreale Elemente, Liebesgeschichte und Terrorbedrohung der Gesellschaft durch Islamisten.
Einige von uns hat diese phantasievolle, unterhaltsame und oft auch selbstironische Mischung aus Krimi und gesellschaftskritischem Roman sehr gern gelesen. Andere fanden den Text aufgeblasen und überladen.
35
Daniel Galera 2013
Suhrkamp, 425 Seiten
Shortlist-Note 3.6/5
Harte Männer am Meer, karge Sprache, spannender Plot. Seine große Liebe hat ihn verlassen, sein Vater umgebracht. Nun zieht der Schwimmer und Fitnesstrainer in einen brasilianischen Badeort, um den Tod seines Großvaters aufzuklären.
Einige von uns langweilten sich mit der eher schlicht gestrickten, ewig Sport treibenden Hauptfigur. Die meisten schätzten dagegen die Auseinandersetzung mit dem Brasilien von heute und empfehlen das Buch weiter.
36
Eugen Ruge
Rowohlt, 432 Seiten
Shortlist-Note 3.6/5
Sympathisch, stil- und pointensicher, bewegend. Drei Generationen einer Familie im zerfallenden Ostblock, sprachlich meisterhaft erzählt.
Wir haben das Buch ausnahmslos gern gelesen. Besonders die Erzählstruktur des Autors, der das gleiche Geschehen aus der Sicht mehrerer Personen schildert, hat uns gefallen.
37
Judith Hermann 2023
S. Fischer, 187 Seiten
Shortlist-Note 3.5/5
Gut geschriebene Poetikvorlesungen einer Reise durch autobiografische Episoden der Autorin.. Judith Hermann nimmt die Leser*innen mit auf eine Reise durch biografische Episoden, die nicht chronologisch erzählt werden. Eindrücklich etwa, wie die psychische Erkrankung ihres Vaters auf Leben und Erleben der Autorin wirkt.
Judith Hermann hat einen guten Schreibstil, da waren wir uns einig. Der Charakter des Buches als Vorlesungsaufzeichnung, die lose Reihung biografisch anmutender Szenen gefiel aber nicht allen.
38
Birgit Birnbacher 2020
Paul Zsolnay, 304 Seiten
Shortlist-Note 3.5/5
Geschichte eines jungen Ex-Häftlings. Der Held, ein junger Cyberkrimineller, muss nach seiner Strafe den Weg ins Leben finden.
Die fehlende Führung des jugendlichen und später erwachsenen Helden liest sich erschütternd. Bei so viel Sozialrealismus gefielen uns allerdings die satirischen Szenen besonders. Wer von uns den Roman nicht gelesen hatte, wollte es nachholen - das ist nicht selbstverständlich.
39
Milena Michiko Flasar 2018
Wagenbach, 176 Seiten
Shortlist-Note 3.5/5
Pappa ante portas in Japan. Ein Rentner in Japan übernimmt Stand-in-Aufträge als Schauspieler und verkörpert wie durch Zufall drei Rollen, die er selbst bisher knapp verpasst hat: Opa, Bald-Ex-Ehemann und Chef. Das färbt auch auf sein Leben ab – und scheint doch zu spät.
Die klare, schlichte und schöne Sprache gefiel uns. Der Aufbau ist dramaturgisch schlicht, aber spannend. Das Thema schnitt bei allen von uns gut ab. Dennoch war es ein Buch, das wegen seiner Vorhersehbarkeit nur von wenigen richtig gern gelesen wurde.
40
Juli Zeh 2012
Schöffling & Co., 256 Seiten
Shortlist-Note 3.5/5
Leichthändig erzähltes Kammerspiel. Ein gescheiterter Jurist betreibt mit seiner Freundin eine Tauchschule auf Lanzarote. Die Beziehung ist abgekühlt, der Alltag trist. Das ändert sich schnell, als ein Paar zum Tauchkurs auftaucht.
Die Sprache treibt die Geschichte voran, sie ist dicht und leichthändig, kurze Hauptsätze und kurze Dialoge prägen den Stil. Nicht so gut fanden wir die Belanglosigkeit des Inhalts und die kleinen „Fehler“ in der Handlung.
41
Clemens J. Setz
Suhrkamp, 479 Seiten
Shortlist-Note 3.5/5
Experimentell, spannend, gruselig. In beunruhigend wenig absurden Zukunftsvisionen zeigt der Autor Ausgrenzung und Sadismus gegen Menschen und Tiere, der unter allerlei Deckmänteln, oft auch unverborgen daherkommt.
Spannend und gut lesbar geschrieben. Das Themenspektrum ist nichts für zarte Gemüter. Wer sich auf avantgardistische passt-in-kein-Genre-Weise gruseln will, ist hier richtig. Dennoch konnten wir uns gemeinsam auf eine gute Bewertung einigen.
42
Anna Katharina Hahn 2012
Suhrkamp, 236 Seiten
Shortlist-Note 3.5/5
Dramatisch, präzise, dabei leicht und schön zu lesen. Die erdrückende Liebe zweier Elternpaare für ein Kind, die Obsession eines kinderlosen Paares mit dem Ersatzsohn, angesiedelt im heutigen Stuttgart.
Der Schreibstil hat uns mehrheitlich sehr gefallen. Sie beschreibt die Stimmungen und Situationen zwischen den Protagonisten präzise und fast schon poetisch. Etwas langatmig wirken die eingeschobenen Mörike-Passagen.
43
Olga Grjasnowa 2012
Hanser, 288 Seiten
Shortlist-Note 3.5/5
Sprachstark, mitreißend, konfliktgeladen. Fremdenfeindlichkeit, Nahostkonflikt und Progrome, Suche nach der Identität.
Die ersten 100 Seiten sind bewegend und mitreißend. Die danach immer zahlreicher auftauchenden Figuren haben nicht alle von uns überzeugt.
44
Colum McCann 2009
Rowohlt, 537 Seiten
Shortlist-Note 3.5/5
Literarisch, gut lesbar, stimmig. An einem Tag 1974 laufen die Geschichten der zehn Figuren in Manhattan zusammen. Zehn Leben, jedes auf seine Weise absturzgefährdet.
Angenehm und spannend, aber weniger mitreißend als seine früheren Romane. Wir haben das Buch unisono gern gelesen.
45
Juli Zeh 2023
Luchterhand, 448 Seiten
Shortlist-Note 3.4/5
Ein Briefroman, in dem einstig verbundene Menschen durch soziale Polarisierung immer weiter auseinanderdriften.. Im Studium haben Stefan und Theresa zusammen gewohnt. Jetzt sind die Bäuerin und der Journalist per Whatsapp verbunden. Sie bringen sich ihre jeweiligen Lebenswelten nahe, versuchen aber auch, politische Überzeugungsarbeit beim jeweils anderen zu leisten.
Zwar störten sich die meisten von uns an den unrealistischen oder überzeichneten Figuren, bewerteten den Roman aber als spannend. Die vielen als sehr interessant empfundenen zeitaktuellen Themen trugen dazu bei, wir den Roman mehrheitlich gerne gelesen haben.
46
Stephan Thome 2021
Suhrkamp, 529 Seiten
Shortlist-Note 3.4/5
Identitätssuche auf Taiwan. Die Geschichte einer Familie auf Taiwan, ein Land, das seit Langem zwischen den Mächten steht und mit seiner eigenen Identität ringt.
Diese literarische Geschichtsstunde mit ihrer elegant konstruierten Handlung und den vielen interessanten Charakteren gefiel den meisten von uns.
47
Annette Mingels 2020
Penguin, 352 Seiten
Shortlist-Note 3.4/5
Brüchige Beziehungen. 15 lose verknüpften Episoden aus dem Mittelschicht-Leben in einer Kleinstadt in den USA.
Stil und Sprache sowie der Aufbau als Episodenroman fanden wir gut. Einigen ging mittendrin der Überblick und damit auch die Spannung verloren.
48
Elena Ferrante 2016
Suhrkamp, 422 Seiten
Shortlist-Note 3.4/5
Neapel-Epos über eine Kindheit in den 50er Jahren. In vier Büchern beschreibt die Autorin unter Pseudonym die Freundschaft zwischen zwei Frauen, die aus einem armen und von Gewalt regierten Viertel Neapels stammen.
Es gab völlige Begeisterung für einen „wunderbar erzählten Entwicklungsroman“ mit „gekonnt und geschickt geschilderten und verknüpften Charakteren“. Es gab aber auch kritische Stimmen zu einem „netten Buch mit deutlichen Längen, das man nicht gelesen haben muss“ – und das auch nicht von allen von uns fertig gelesen wurde.
49
Judith Schalansky 2011
Suhrkamp, 222 Seiten
Shortlist-Note 3.4/5
Sprachlich überzeugend, vergnüglich-grausam, schnörkellos. Eine Gymnasial-Lehrerin für Biologie und Sport in einer Kleinstadt im vorpommerschen Hinterland, die fest an das Recht des Stärkeren glaubt.
Wir haben das Buch gerne gelesen. Die Hoffnungslosigkeit der Schulprovinz ohne Zukunft ist sehr eindringlich beschrieben, die Gestaltung des Buches ist aussergewöhnlich.
50
Ian McEwan 2010
Diogenes, 405 Seiten
Shortlist-Note 3.4/5
Wissenschaft und Klimakrise. Kriminelle Energie und menschliche Schwächen in der Wissenschaft vor dem Hintergrund der Klimakrise.
Fast alle von uns waren begeistert von der flott geschriebenen Satire mit ihren komischen, durch menschliche Schwächen geprägten Episoden.
51
Marie NDiaye 2010
Suhrkamp, 300 Seiten
Shortlist-Note 3.4/5
Politisch, erschreckend, betrüblich. Drei Lebensgeschichten von Frauen aus der Mittelschicht im heutigen Senegal.
Stark ist keine der drei Frauen. Duldsam, leidensfähig sicherlich. Die drei sprachlich ganz eigenständige Geschichten haben uns gut gefallen.
52
Ayad Akhtar 2020
Claassen, 464 Seiten
Shortlist-Note 3.3/5
Muslimisches Lebens in den USA: Eine Suche in Gesprächen, Begebenheiten, Situationen. Gespräche, Begebenheiten, Situationen des Autors, der im Mittleren Westen der USA als Sohn pakistanischer muslimischer Einwanderer aufwächst.
Beeindruckt waren die meisten unserer Runde von den eindringlichen Schilderungen des alltäglichen Rassismus in den USA. Viele bildmächtige Szenen bleiben im Gedächtnis.
53
András Forgách 2019
S. Fischer, 352 Seiten
Shortlist-Note 3.3/5
Sperriger und doch berührender Roman über die Stasi-Vergangenheit der Mutter. Durch den Hinweis eines Bekannten entdeckt der Autor, dass zuerst sein Vater und nach dessen psychischer Erkrankung auch seine Mutter als Spitzel für die ungarische Staatssicherheit gearbeitet haben.
Die Thematik hat uns sehr berührt, die Collagetechnik des ersten Teils wurde sehr positiv aufgenommen, den zweiten haben die meisten nur überblättert. Zu kurz kommt auch, was die ungeheure Entdeckung im Autor auslöst.
54
Edna O’Brien 2017
Steidl, 344 Seiten
Shortlist-Note 3.3/5
Kriegsverbrecher betört irisches Dorf. Radovan Karadzic, verurteilter serbischen Kriegsverbrecher, lebte unbehelligt als Heilpraktiker in Belgrad. Die Autorin verlegt diese Geschichte mit ihren Themen so ähnlich nach Irland.
Die bildreiche, klangvolle und doch nicht klischeehafte Sprache gefiel uns. Einige störten sich an den vielen, zusammengewürfelt wirkenden Zeit- und Perspektivsprüngen. Insgesamt ein lesenswertes, spannendes, aber nicht leicht verdauliches Werk.
55
Ludwig Winder 2014
Paul Zsolnay, 576 Seiten
Shortlist-Note 3.3/5
Interessantes altertümliches Psychogramm eines Unsympathen. Ein schon 1937 erschienener, nun wieder entdeckter Roman über den letzten Thronfolger in Wien.
Die meisten von uns waren angetan von dem spannenden und überraschend aktuellen Psychogramm des Unsympathen, auch wenn der Sprachstil inzwischen altertümlich und schlicht wirkt.
56
Carl Nixon
Weidle, 343 Seiten
Shortlist-Note 3.3/5
Spannender Zweikampf um den toten Sohn. Familiendrama in Neuseeland um Maoris und gut situierte Einwanderer.
Die meisten von uns fanden den Roman gut, einige mochten ihn sehr. Die Geschichte, die von Stolz, Ehre und Gerechtigkeit handelt, hat etwas von einem „Western“ an sich, in dem sich zwei Männer duellieren.
57
Haruki Murakami 2014
Dumont, 320 Seiten
Shortlist-Note 3.3/5
Ruhig, nachrichtlich, einfach zu lesen. Tsukuru Tazaki wird plötzlich und scheinbar ohne Grund von seinen besten Freunden verstoßen. Mit Mitte dreißig versucht er auf Drängen seiner Freundin herausfinden, was damals geschah.
Der Plot ist interessant, doch der Autor schreibt sehr einfach, nachrichtlich und emotionslos. Das wirkt oft roboterhaft und gefiel uns nicht. Seine früheren Romane fanden wir sprachlich und inhaltlich besser.
58
Taiye Selasi 2013
S. Fischer, 400 Seiten
Shortlist-Note 3.3/5
Kraftvolle, prosaische Familiengeschichte. Ein erfolgreicher Chirurg mit afrikanischen Wurzeln scheitert in Boston an einem Kunstfehler. Er verlässt seine Familie, die daraufhin zerbricht.
Sprachlich gelungene Familiengeschichte, die interessant aufgebaut ist, und die bei den meisten von uns gut ankam. Gerne hätten einige von uns mehr über die Geschichte Ghanas und Nigerias erfahren.
59
Edmund de Waal 2011
Paul Zsolnay, 352 Seiten
Shortlist-Note 3.3/5
Historisch interessant, gut lesbar, stimmig. Die Geschichte einer jüdischen Bankiersfamilie im Paris und Wien der letzten 100 Jahren.
Flüssige Sprache, die die Tragik der Juden treffend darstellt, ohne anklagend zu wirken. Gute Beschreibungen mit interessanter Wortwahl.
60
Annette Mingels 2023
Penguin, 300 Seiten
Shortlist-Note 3.2/5
Verlust, Heimatlosigkeit und Todesnähe eines wenig sympathischen Protagonisten.. Ein Universitätsprofessor mit früher zahlreichen Affären lebt wortlos getrennt von seiner todkranken Ehefrau und vermisst sein früheres Leben.
Die shortlist war sehr gespalten in der Bewertung. Nur wenige konnten sich mit dem unsympathischen, uneinsichtigen und egoistischen Protagonisten anfreunden. Daneben störte viele der langatmige Plot.
61
Mohamed Mbougar Sarr 2022
Hanser, 448 Seiten
Shortlist-Note 3.2/5
Spannende Suche nach einem verschollenen Autor mit Themen wie Kolonialismus, Politik und Identität.. Wir begleiten einen Autor aus dem Senegal über verschiedene Kontinente und zu vielen involvierten Personen, um einen früher verschwundenen Autor zu finden. Erzählungen, Tagebucheinträge und Briefen, Zeitungsartikel und Interviews dokumentierten die Suche. Kolonialismus, Politik und Identität werden immer wieder verhandelt. Zeitweise liest sich der Roman wie eine Satire auf den französischen Literaturbetrieb.
Der Roman erhielt den angesehenen französischen Prix Goncourt, konnte uns in der Mehrheit aber nicht überzeugen. Einige schätzten den abwechslungsreichen und komplexen Stil sehr. Für viele wirkte der Roman sehr überladen und mit manchen Erzählsträngen zu verästelt.
62
Harper Lee 2015
dva, 320 Seiten
Shortlist-Note 3.2/5
Belangloser Vorgänger von „Wer die Nachtigall stört“. Die Südstaaten der USA in den 50iger Jahren. Eine Tochter streitet mit ihrem Vater über die Rassentrennung.
Diese Geschichte lässt sich flüssig lesen, ohne besonders Highlights beim Erzähl- und Sprachstil. Nur Fans der „Nachtigall“ freuen sich über den Vorläufer. Alle anderen lesen eine belanglose und dünne Story.
63
Hilary Mantel 2014
Dumont, 158 Seiten
Shortlist-Note 3.2/5
Zynisch, bösartig, sprachlich perfekt. Zehn Geschichten um Magersucht, Kindesmissbrauch, Ehebruch, IRA-Terror, das Leben im England der 60er bis 80er Jahre und dessen dunklen Seiten.
Der Autorin gelingt es in jeder Geschichte, mit wenigen treffenden Worten Situationen und Personen zu charakterisieren und den Leser einzufangen. Leider hält die Spannung nicht bei allen Geschichten an. Nicht alle von lasen das Buch gern, die Mehrheit aber schon.
64
Daniela Krien 2018
Diogenes, 288 Seiten
Shortlist-Note 3.1/5
Unterhaltsam ohne großen Erkenntnisgewinn. Als Kinder und Jugendliche erlebten sie den Fall der Mauer, und wo vorher Grenzen und Beschränkungen waren, ist nun die Freiheit.
Die fünf "selbstständigen Frauen im Osten", die der Klappentext verspricht, suchen Kinder und Mann zum Glücklich sein – das fanden wir eher befremdlich. Das Buch ist einigermaßen unterhaltsam und leicht zu lesen, das wars aber auch.
65
Nell Zink 2019
Rowohlt, 320 Seiten
Shortlist-Note 3.1/5
Satirisch, unpsychologisch, provokant. In den USA der 70iger Jahre hält die chronisch betrogene Peggy es nicht mehr aus und taucht abrupt mitsamt ihrer kleinen Tochter Mickie unter. Der Sohn bleibt beim Südstaaten-Vater, die Tochter wird "schwarz" erzogen. Am Ende treffen beide Kinder aufeinander.
Manch einem war die Sprache zu schlicht und stakkatohaft, andere fanden den amerikanischen Stil ohne viele Schachtelsätze erfreulich leserfreundlich. Amüsiert hat der Roman allemal!
66
Monica Sabolo 2018
Insel, 253 Seiten
Shortlist-Note 3.1/5
67
Jane Gardam
Hanser, 346 Seiten
Shortlist-Note 3.1/5
Leicht zu lesende, bewegte und bewegende britische Lebensgeschichte. Erster Teil einer Trilogie, in der die Autorin das bewegte Leben eines britischen Gentlemans beschreibt.
Bei unserer Diskussion stellte sich sehr schnell heraus, dass man dieses Buch entweder sehr mag oder wenig damit anfangen kann. Wer diesen Roman gerne liest, wird auch den Nachfolger schätzen.
68
Andreas Kollender 2015
Pendragon, 446 Seiten
Shortlist-Note 3.1/5
Spannender Roman über Spion der Nazizeit. Während des zweiten Weltkriegs liefert der deutsche Beamte Kolbe den Amerikanern Hitler auf dem Silbertablett, doch die reagieren nicht.
Die Agentengeschichte ist flüssig und spannend erzählt, die eingeschobene Liebesgeschichte fanden wir eher fast kitschig. Dennoch haben die meisten das Buch gerne gelesen.
69
Elizabeth Strout 2013
Luchterhand, 325 Seiten
Shortlist-Note 3.1/5
Lesenswert, interessant, pointiert. Bildhafte Darstellung des Konflikts zwischen lebendiger, toleranter Stadt (New York) und abgehängtem Land (Maine).
Die meisten von uns haben das Buch gern gelesen, einige wenige nicht. Trotz verpasster Chancen fanden wir die angesprochenen Themen sehr interessant.
70
Fien Veldman 2024
Hanser, 223 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Eine junge Frau und ihre Hoffnung auf ein besseres Leben.. Der Alltag einer jungen Frau in einem Start-up und ihre Vergangenheit in einem sozialen Randviertel, ihre Kindheit und Jugend mit daran geknüpften Gewalterfahrungen und den Bürodrucker Xerox als Erzähler.
Der Verlag versprach ein „gefeiertes Debüt“ über „die Leere der modernen Arbeitswelt“. Wir finden: Themen und Figuren fehlt die Tiefe, Sprache und Stil haben uns nicht überzeugt.
71
Isabel Allende 2022
Suhrkamp, 400 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Dünn, bemüht und selbstverliebt. In einem Strom wortreicher Geschichten erzählt Violeta ihr 100jähriges Leben von der Grippepandemie 1920 bis zur Coronazeit 2020.
Die inspirierende Geschichte einer eigensinnigen, leidenschaftlichen, humorvollen Frau bleibt leider etwas langatmig und ohne größere Emotionen.
72
Annette Hess 2018
Ullstein, 368 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
73
Lauren Groff 2016
Hanser, 432 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Geschichte einer Ehe aus zwei Perspektiven. Er ist angewiesen auf die Liebe und Anerkennung anderer Menschen. Sie hat einen unerschütterlichen Glauben an sein Talent. Erstaunlich ist, wie viele Geheimnisse diese Ehe ausgehalten hat, ohne dass die Liebe daran zu zerbrechen drohte.
Der ungewöhnliche Aufbau des Buches wurde von uns am besten bewertet. Einige fanden den Schreibstil und damit die Lesbarkeit mühsam. Tatsächlich haben auch nicht alle das Buch fertig gelesen.
74
Dorit Rabinyan 2016
Kiepenheuer & Witsch, 379 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Moderne Romeo und Julia-Story. Die Liebe der jüdischen Autorin zu einem Maler aus Palästina in New York.
Der Plot ist wenig spannend, die Geschichte chronologisch, die Sprache teils anstrengend. Doch die Ich-Erzählerin zeigt die Konflikte auf, die sich aus den unterschiedlichen Kulturen und politischen Ansichten der beiden Liebenden ergeben.
75
Yiyun Li 2017
Hanser, 352 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Verstörend, Kulturunterschied Ost-West, Schuld/ Unschuld. "Das Leben in einer dorfähnlichen Gemeinschaft Chinas vor dem Hintergrund der Repression durch den Staat und die Flucht durch Emigration in die USA.
76
Nadifa Mohamed 2015
C.H. Beck, 366 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Geographisch literarisches Neuland, thematisch hochaktuell. Somalia, Jemen, Äthiopien, Ägypten, England: Die Odyssee eines Straßenjungen durch die Kolonialkriege 1935 bis 1947.
Die Handlung und vor allem die unbekannten Teile von Afrika, in denen die Geschichte spielt, fanden die meisten von uns interessant. Die Sprache wirkt überladen. Dennoch ist der Roman bemerkenswert und das Thema der Flucht sehr aktuell.
77
Uwe Timm 2013
Kiepenheuer & Witsch, 336 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Bildungslastige Amour Fou, etwas blass. Liebe, Treue und Begehren: Zwei Paare brechen auseinander und gruppieren sich vorübergehend neu.
Stil und Sprache gefielen uns, Dramaturgie und Themenauswahl fanden nicht alle gut.
78
Lily Brett 2013
Suhrkamp, 302 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Turbulent, komisch, schön erzählt. Die Musikszene der 60iger, Mick Jagger, Janis Joplin, Jimi Hendrix, aus Sicht der Tochter von Auschwitz-Überlebenden.
Die sehr persönlichen Interviews mit den Musikikonen, gemischt einem frischen, unkomplizierten Erzählstil machen dem Leser das eigentlich schwere Thema bekömmlich. Wir haben den Roman gerne gelesen.
79
Veronique Olmi 2012
Kunstmann, 272 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Paare in der Krise. Leichtes für den Strand. Drei Paare treffen sich in einem Ferienhaus in der Normandie, um wie jedes Jahr den französischen Nationalfeiertag gemeinsam zu feiern.
Das Buch lässt sich einfach lesen. Leider verliert die Geschichte an Tempo, die anfänglich aufgebaute Spannung verliert sich in der französischen Sommerhitze. Dennoch haben wir es gerne gelesen.
80
German Kratochwil 2012
Picus, 312 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Thematisch vielversprechender, authentischer Familienroman. In der kargen Landschaft Patagoniens trifft sich eine Geburtstagsgesellschaft und sieht sich mit ungelösten Familienproblemen und mit den Geistern der jüngsten Vergangenheit konfrontiert.
Für alle Protagonisten - es sind wie der Autor vorwiegend Einwanderer aus Europa in Argentinien - findet der Autor eine eigene Stimme und Erzählfarbe. Das ist leicht und doch spannend erzählt.
81
Toine Heijmans 2012
Arche, 160 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Leichte, unspektakuläre Lektüre . Glücksmomente auf hoher See eines Vaters, der eine Auszeit auf einem Segeltörn auf der Nord- und Ostsee verbringt.
Ein kurzer Text, eher eine Novelle als ein Roman, der nicht wehtut, den man lesen kann aber nicht muss. Die Sprache ist sehr schlicht, die Sätze sind kurz und einfach gehalten.
82
Michel Houellebecq 2011
Dumont, 416 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Gut lesbarer, hochaktueller, etwas zahmer Roman. Eine Erkundung der bürgerliche Milieus des heutigen Frankreichs mit allen Status-Symbolen.
Ein gut lesbarer, hochaktueller, aber auch etwas zahmer Roman, der zum Nachdenken anregt, wenn man den Titel wörtlich nimmt.
83
Jonathan Lethem 2011
Tropen, 491 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Viele Themen, aber nicht für alle interessant. "Die Frage nach dem „richtigen Leben im falschen“,
84
Stephan Thome 2010
Suhrkamp, 454 Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Ein Roman über die zweite Chance. Zwei Menschen in einer hessischen Kleinstadt befreien sich aus ihren alten Lebensentwürfen und wagen einen neuen Lebensabschnitt.
Ein Debüt mit wenigen Tiefen und sehr vielen Höhen, das uns nahezu durchweg sehr gut gefallen hat.
85
Leon de Winter
, Seiten
Shortlist-Note 3.0/5
Sprachlich tolle Familiengeschichte im gefährdeten Israel. Wie kann sich Israel inmitten der umgebenden feindlichen arabischen Staaten eine Zukunft sichern? Der Autor plädiert für Härte in einem totalen Überwachungsstaat.
Die Meinungen reichen von „konnte ich nicht fertig lesen“ bis zu „habe ich begeistert zweimal verschlungen“. Unisono begeistert dagegen die Sprache.
86
Ayelet Gundar-Goshen 2017
Kein & Aber, 336 Seiten
Shortlist-Note 2.45/5
Kaleidoskop der Lügen-Arten in postfaktischen Zeiten. Die Lüge einer Eisverkäuferin, von einem früheren Promi belästigt worden zu sein. Die Lüge einer einsamen Frau, die behauptet, ein KZ überlebt zu haben. Und weitere Lügen.
Der Roman verleiht dem vordergründig Verurteilungswürdigen einen menschlichen Anstrich. Er trifft in unserem postfaktischen Zeitalter einen wichtigen Kern, dass es nämlich keine Gewissheiten mehr gibt. An vielen Stellen erschien uns die Sprache leider sehr ungelenk und zum Teil unpassend. Zudem fanden wir den Roman mit Geschichten überfrachtet.
87
Dorothee Riese 2024
Berlin Verlag , 240 Seiten
Shortlist-Note 2.9 /5
Autofiktionaler Coming-of-Age-Roman über ein soziales Experiment im Rumänien der 90iger-Jahre. Eine deutsche Familie wandert mit ihrer kleinen Tochter nach Rumänien aus. Wir erleben, wie die Tochter dort aufwächst, Beziehungen knüpft und mit den Widersprüchen aus mitgebrachter Utopie und vorgefundener Realität umgeht.
Die Autorin hat am Leipziger Literaturinstitut studiert. Wir fanden das Thema sehr interessant, die fragmentarische Erzählweise jedoch sehr anstrengend.
88
Han Kang
Aufbau, 190 Seiten
Shortlist-Note 2.9/5
Spannend, verstörend, aber auch berührend. Die Geschichte einer Frau, die nie auffallen wollte – und die sich am Ende mit aller Macht dafür entscheidet, einen eigenen Weg zu gehen.
Die schlichte Sprache und die klare Struktur des Romans lassen die Geschichte nahe gehen. Der Roman ist spannend und berührend, wenn auch verstörend.
89
Steven Galloway 2015
Luchterhand, 349 Seiten
Shortlist-Note 2.9/5
Leicht lesbare Lektüre zwischen Wahrheit und Illusion. Ein Zauberkünstler verliert das Gedächtnis. Vorher will er noch seine Erfahrungen über den größten Magier aller Zeiten Houdini festhalten. Doch was ist dabei Erinnerung, was ist Illusion?
Der Roman liest sich unterhaltsam, jedoch ohne besondere Magie. Das Leben Houdinis wird hölzern geschildert. Immerhin gibt es aber auch lebhafte, einfallsreiche Erzählstränge mit feinem Humor. Für Fans der Zauberkunst.
90
Aravind Adiga 2011
C.H. Beck, 513 Seiten
Shortlist-Note 2.9/5
Anrührend, anschaulich, dramatisch. Wie weit geht der Mensch, geht eine Gemeinschaft, um an Geld zu kommen? Ein indischer Immobilienhai testet das aus.
Wir folgen der sehr bildhaften Beschreibung einer indischen Hausgemeinschaft mit Vergnügen, Bangen und wechselnden Sympathien. Leider fehlen Sog, Rasanz und Bösartigkeit des früheren Werks des Autors.
91
Hans-Ulrich Treichel 2010
Suhrkamp, 237 Seiten
Shortlist-Note 2.9/5
Warten auf die Erlösung. Wenig sympathischer passiver Held sucht sein Paradies.
Einige von uns mochten die Sprache und das Motivgeflecht. Die meisten störten sich aber an der Passivität des dauerhaft wartenden Protagonisten.
92
Ocean Vuong 2019
Hanser, 240 Seiten
Shortlist-Note 2.8/5
Eindrücklich. Bildstark. Kontrovers. Anekdotenhaft, immer wieder abschweifend, mal anklagend, mal liebevoll-verständig schildert „Little Dog“, Kind vietnamesischer Flüchtlinge in den USA, eine Mutter-Kind-Beziehung und ein Panorama vom Rande der amerikanischen Klassengesellschaft.
Thematisch berührt der Roman spannende Fragen und nimmt einen ungewöhnlichen Blickwinkel ein. Die kunstfertige (oder doch gekünstelte?) Sprache und die assoziative (oder doch einfach unstrukturierte?) Gedankenführung haben bei einigen aber die Lesefreude getrübt.
93
Yaa Gyasi 2017
Dumont, 416 Seiten
Shortlist-Note 2.8/5
Leidvolle Familiengeschichte auf zwei Kontinenten. Neben einer Familiengeschichte ist der Roman zum großen Teil eine Geschichte der Sklaverei, der Unterdrückung und des Leidens in Ghana und den USA.
Die Vielzahl der einzelnen Geschichten hätten jeweils Stoff für einen eigenen Roman gegeben, sodass vieles angerissen und nicht wirklich durchgearbeitet wirkt. Zudem waren die vielen grausamen Schilderungen schwer zu ertragen.
94
Yasmina Reza 2014
Hanser, 175 Seiten
Shortlist-Note 2.8/5
Episodenroman über Paare und ihre Probleme. Kurzer Roman mit Einblicken in den Paar-Alltag der oberen Mittelschicht mit Eltern, Freunden, Geliebten und Vertrauten.
Wir waren uns nicht einig. Einige von uns fanden das Werk trivial, andere genial. Einige haben es gern gelesen, andere nicht.
95
Zsuzsa Bank 2011
S. Fischer, 541 Seiten
Shortlist-Note 2.8/5
Etwas kitschig, handlungsarm. Hell sind die Tage der Kindheit auf dem Balkan, Geheimnisse gibt es auch.
Wir haben uns mit diesem Werk mehrheitlich schwer getan. Die Schilderung der Kindheit fanden viele kitschig. Zudem fehlte über weite Strecken jede Handlung.
96
Martina Hefter 2024
Klett-Cotta, 224 Seiten
Shortlist-Note 2.7/5
Sensibles Bild bedürftiger Menschen oder "Buchpreis"-Reissbrett-Roman? . Die Hauptfigur ist wie die Autorin Performance-Künstlerin in Leipzig und pflegt ihren Ehemann. Der Roman erzählt neben der Ehe- auch die Geschichte des Love-Scammings.
Vielen von uns war der Roman zu skizzenhaft und enttäuschte mit dem weitgehenden Fehlen eines Plots. Wer die Ehegeschichte im Vordergrund sah, fand diese dagegen gut. Ingesamt kamen wir nur auf 2,7 von 5 möglichen Punkten für den Buchpreis-Gewinner 2024.
97
Kazuo Ishiguro 2021
Karl Blessing, 350 Seiten
Shortlist-Note 2.7/5
Sind Roboter die besseren Menschen? Dystopie mit wenigen Lichtblicken. Eltern müssen entscheiden, ob sie ihre Kinder genetisch verändern, um ihnen eine bessere schulische Ausbildung zu ermöglichen.
Das Thema ist gut und regt zum Nachdenken an. Aufbau und Dramaturgie, Plot und Sprache gefielen uns aber weniger gut.
98
Deniz Ohde 2020
Suhrkamp, 284 Seiten
Shortlist-Note 2.7/5
Zermürbend und zugleich berührend. Die Ich-Erzählerin sucht in einer Industriestadt in der Pfalz als Tochter einer türkischen Mutter vergeblich ihren Platz.
Die Atmosphäre fanden wir bedrückend. Der Geschichte fehlen Abschluss und Spannungsbogen, Erinnerungen reihen sich aneinander. Der Roman liest sich zäh.
99
Annie Ernaux 2018
Suhrkamp, 163 Seiten
Shortlist-Note 2.7/5
Autobiographische, bedrückende Missbrauchsgeschichte. Annie Ernaux thematisiert ihr widerfahrene wiederholte sexuelle Nötigung in der späten Jugend und deren Folgen.
Über die Hälfte unserer Gruppe lasen das Buch nicht gerne oder eher nicht gerne, teils, weil sie das Buch persönlich berührte, teils, weil der Roman eher spannungs- und handlungsarm ist.
100
Sascha Reh 2015
Schöffling & Co., 360 Seiten
Shortlist-Note 2.7/5
Hochinteressantes Thema, distanziert emotionsloser Sprachstil, blasse Figuren. Die dramatischen Stunden des Militärputsches gegen den chilenischen Präsidenten Salvador Allende und seine Folgen.
Die geschilderten Ereignisse sind historisch belegt, die Themen spannend. Doch der Stil ist sehr distanziert, eher gewollt emotionslos. Die meisten von uns fanden den Roman langweilig.