Teenager, Kriegskinder, Jugoslawienkrieg
Paul Zsolnay Verlag 2012, 224 Seiten
In Jugoslawien tobt der Krieg. Aus Vukovar vertrieben, muss die namenlose Ich-Erzählerin im Alter von neun Jahren mit ihrer Mutter und ihrem Bruder nach Zagreb flüchten. Dort müssen sie in einem winzigen Zimmer im Hotel Zagorje, welches als Flüchtlingsunterkunft dient, mehr als sechs Jahre ausharren.
Der Vater bleibt in Vukovar zurück, wo später 1400 Kroaten den Tod finden. Er gilt als verschollen. Die Familie lebt in der verzweifelten Hoffnung, den Vater wiederzusehen und irgendwann eine eigene Wohnung zugewiesen zu bekommen.
In diesen irritierenden, desolaten Verhältnissen wächst die Protagonistin auf und erlebt doch eine fast unbeschwerte Teenagerzeit. Es ist kein Kriegsroman, den Ivana Bodrožić hier erzählt. Es ist die Geschichte einer Teenagerin mit all den normalen Sorgen, Nöten und Sehnsüchten heranwachsender Jugendlicher. Die Levis-Jeans ist ihr wichtiger als Politik und Krieg, die erste Liebe entwickelt sich inmitten der desolaten Zustände im Flüchtlings-Hotel, der Besuch der Disco dominiert die Gedankenwelt der Hauptfigur und nicht die Sorge um die engen Wohnverhältnisse oder die Perspektivlosigkeit dieser Zeit. Lediglich die verzweifelten Briefe der Mutter und des Bruders an das Ministerium mit der Bitte um eine Wohnung zeigen dem Leser die wahre Not, die die Familie erleidet.
Der Roman ist schön zu lesen. Die Leichtigkeit der Sprache, die helle, heitere Unmittelbarkeit, verdrängt dabei nicht die Ernsthaftigkeit der Rahmenhandlung. Ivana Bodrožić, 1982 geboren, wuchs selber in Vukovar auf. Ihr Debütroman wurde in Kroatien als Kultbuch der kroatischen Kriegskinder gekürt.
(il)