Verwirrende Mutter-Tochter-Beziehungen
Piper Verlag, 2012, 224 Seiten
Annette Pehnt erzählt in „Chronik der Nähe“ von drei Frauengenerationen. Großmutter, Mutter und Tochter. Beschrieben werden die Lebensumstände und Lebensverläufe aus zwei Perspektiven - aus der der Mutter Annie und aus der Ich-Perspektive, der Tochter. Die erzählte Zeit reicht von den Kriegswirren bis in die Gegenwart.
Sowohl die Großmutter als auch Annie sind zwar aktive Frauen, stellen sich jedoch gegenüber ihrer jeweils einzigen Tochter immer als Leidende dar. Sie behandeln sie nicht wie Kinder, sondern überfordern sie mit Vorwürfen und den eigenen Wünschen nach Bestätigung. Weder Freunde noch Männer spielen eine Rolle.
Einzig die Ich Erzählerin scheint ein innigeres Verhältnis zu ihrem Ehemann zu haben. Doch sie ist nicht die große Heldin des Romans. Im Gegenteil. Im Vergleich zu der Geschichte ihrer Großmutter, die während und nach dem Krieg unter abenteuerlichen Umständen Geld und Lebensmittel für sich und ihr Kind organisiert, wirken die zwei anderen Frauenfiguren (eine Hausfrau der siebziger und eine Akademikerin der Gegenwart) ziemlich uninteressant. Dennoch hat nur die Großmutter, bei der man als einziges noch ein paar nicht auserzählte Geheimnisse vermuten kann, keine „eigene Perspektive“ und wird dem Leser nur durch die Erzählungen von Annie nähergebracht.
Generell war unser Eindruck, dass die Spannung zum Ende des Romans nachlässt. Die Handlung hat keinerlei unerwartete Wendung, sondern ist eine oft auch verwirrende Aneinanderreihung von diversen Szenen von emotionaler Erpressung in den drei Generationen.
Einige von uns fanden den Stil des Textes interessant – andere hingegen sahen darin ein schlechtes Tagebuch. Insgesamt schien uns „Chronik der Nähe“ vorwiegend ein Buch für Töchter zu sein, die mit ihren Müttern hadern und kein Sachbuch, sondern einen Roman zu dem Thema lesen wollen. Fest steht auch: Andere Bücher von Annette Pehnt haben uns deutlich besser gefallen. ()